Fiese Typen vor malerischer Kulisse
Sie ist aufregend, spannend, unvergleichlich – in jeder Art. Sogar in Bezug auf ihre Gauner. Denn Spaniens zweitgrößte Metropole Barcelona ist nicht nur die Hauptstadt Kataloniens, sondern auch die der Trickbetrüger. Wobei diese selbstverständlich ebenso andernorts anzutreffen sind. Denn fiese Zeitgenossen und -genossinnen gibt es wohl so lange, wie die Menschheit existiert. Doch anhand von Beispielen lassen sich die Böse-Buben-Methoden leichter vermitteln – und Urlauber damit für die Schwindeleien sensibilisieren.
Rucksack oder Bordgepäck
Ein junger Mann hat gerade den Zoll auf Barcelonas Flughafen El Prat de Llobregat passiert. Er stellt seinen Rucksack vor sich ab, sucht seine Utensilien, wie Reiseführer oder ähnliches für sein nächstes Ziel zusammen. Dann ist er zum Gehen bereit. Damit er sich aber das Tornister ähnliche Stück auf den Rücken laden kann, muss er vorher sein Bordgepäck von der Schulter ablassen. Das stellt er dann auf den Boden, neben den Rucksack. Um diesen nun im Gegenzug hoch zu nehmen, dreht er sich nur einen kurzen Augenblick um … – und schon ist es passiert.
Sekundenschlaf kostet Armbanduhr
Auf der To-do-Liste steht eine Reihe von Sehenswürdigkeiten. Gestern wurden Barcelonas lebende Statuen auf den Ramblas bestaunt. Vorhin war die Sagrada Familia angesagt. Jetzt geht es zum nächsten Punkt, dem “Spanischen Dorf” – “Poble Espanyol” am Fuße des Montjuïc. Dahin führt eine Kombination aus U-Bahn- und Busfahrt. Zunächst also die Metro. Ein Sitzplatz. So ein Kulturprogramm kann doch recht anstrengend sein … Das böse Erwachen kommt mit dem nächsten Augenaufschlag: Die Armbanduhr fehlt.
Hilfsbereitschaft mit 10-Franc-Bezahlung
Eine Frau sitzt im Park Güell auf der berühmten gewundenen Bank. Ihre Handtasche liegt neben ihr – zur Sicherheit hat sie noch ihre Hand darauf. Ein gepflegter Herr in einem Anzug marschiert eilig vorbei. Dabei nestelt er an seiner Brusttasche herum. Ein Geldschein flattert zu Boden. Reflexartig verlässt die Frau ihren Sitzplatz, fängt das papierne Zahlungsmittel ein und ruft dessen Eigentümer nach. Doch der reagiert nicht. Warum, wird bei der Rückkehr zur Bank klar: Die Handtasche ist weg. Für eine – wie sich später herausstellt – inzwischen völlig wertlose 10-Franc-Banknote.
Wo hat er es versteckt?
Ein Paar schlendert durch das Gotische Viertel – das Barri Gòtic. Plötzlich ruft jemand von hinten: “Hey, das Deine Geld?” Sofort greift der Tourist nach der Stelle, an der er normalerweise sein Portemonnaie verwahrt. Es ist noch da. “Nein, ich hab’ alles”, antwortet er erleichtert. “Aber nicht mehr lange”, denkt sich der Dieb, dem der ahnungslose Herr mit seiner Reaktion schon alles verraten hat.
Kickernde Kids
Im Parc de la Ciutadella liegt ein Mann auf einer Wiese, um sich ein wenig auszuruhen. Seine Messenger Bag positioniert er vermeintlich sicher unter seinen Kopf. Plötzlich knallt etwas gegen sein Bein. Erschrocken richtet er sich auf: Aha, ein Ball. Und ein paar Kinder, die sich für den Fehlschuss entschuldigen. Kein Problem. Doch als er sich wieder zurücklehnen will … Er springt auf, macht sich auf die Suche. Umsonst. Die Tasche ist verschwunden – genauso wie dann auch die Kids.
Viel heiße Luft
Ein älterer Herr nutzt den Flughafenzug von der Estacio Sants – dem großen Bahnhof im Stadtzentrum Barcelonas, am oberen Ende der Avenida Roma gelegen. In weiser Voraussicht hat er das erste seiner Reisegepäckstücke in das Netz über ihm, das zweite in Sichtweite gegenüber platziert. An der nächsten Station steigen ein paar Leute zu. Doch noch bevor der Zug wieder aus dem Bahnhof rollt, laufen einige Männer durch den Waggon. Sie schreien, fuchteln wild mit den Armen, zeigen aufgeregt in eine Richtung. Es herrscht ein Riesentumult. Der Reisende steht auf, um nachzusehen, was da passiert ist. Doch gerade als der Zug anfährt, löst sich die betreffende Gruppe schlagartig in Luft auf. Ebenso, wie die beiden Gepäckstücke.
Gewebebag schluckt Reisetasche
Bis zum Abflug dauert es etwas. Zeit genug, um in der Bar noch einen Kaffee zu trinken, denkt sich ein Mann. Aber mit der Idee ist er nicht alleine. Schlange. Die Reisetasche ist schwer. Also stellt er sie ab, behält sie im Auge. Auf einmal kommt Unruhe in die Gruppe. Nun den Bruchteil einer Sekunde lang ist die Tasche unbeaufsichtigt. Zeit genug für einen Dieb, der im Vorbeigehen einen innen mit Haken versehenen Gewebebag ohne Boden darüberstülpt – und sich daraufhin mit seinem Fang unauffällig entfernt.
Tumult schafft Ablenkung
Zahlreiche Kniffe sind Dauerbrenner. Generationen und Abergenerationen von Gaunern haben sie schon angewendet. Und sie halten sich weiterhin hartnäckig, einfach weil sie noch immer erfolgreich sind. Zu diesen Klassikern gehören die Hütchen-Spiele, Anrempeln, mit Ketchup bekleckern. Eigentlich bekannt. Dass sie dennoch funktionieren, liegt zum einen daran, dass Langfinger meist schon von Kindesbeinen an im Training und daher äußerst geschickt sind. Zum anderen haben sie oft Heimvorteil. Zum dritten wenden sie Illusions- und Psychotricks an, die im Normalfall auf die Schnelle kaum als solche erkannt werden können. Manche grenzen fast schon an Zauberei, andere setzen auf Mitleid.
Der Wolf im Urlaubsdress
Häufig arbeiten Ganoven als Bande, in der jeder eine Rolle übernimmt. Aber auch Soloauftritte sind beliebt. Ein neuer ist der “des Touristen unter Touristen”. Wie soll da jemand den Spitzbuben ausmachen können?! Dennoch: Wer ein paar Regeln befolgt, ist diesen Kleinkriminellen nicht ganz so schutzlos ausgeliefert. Im vorliegenden Fall heißt das: Augen offen halten. Egal wann. Egal wo.
Hinter der Bühne der Beutelschneider
Es ist nicht notwendig, sämtliche Storyboards der Strolche und Strauchdiebe zu kennen. Das wäre auch gar nicht möglich. Denn die Kulissen und Akteure ändern sich ständig. Doch selbst wenn die Raffinesse dieser Typen weiter zunimmt, ihre Arbeitsweisen immer dreister werden und sie sich ständig etwas Neues einfallen lassen: Wer einigermaßen verstanden hat, wie diese Galgenvögel ticken, kann sich besser vorsehen. In diesem Sinne auch sollten die hier vorgestellten Geschichten aufzeigen, in welchen Umgebungen und nach welchen Kriterien Taschendiebe und Co. ihre Opfer auswählen und berauben.
Nun ist es doch passiert!
“Sich vorsehen ist besser als das Nachsehen haben”, lautet eine alte Weisheit. Versteht man sie wie eine Versicherung, dann ist ein Schadensfall nicht mehr ganz so bitter. Heißt: Im Vorfeld von allen wichtigen Dokumenten Kopien ziehen, die SIM-Karten- sowie wichtige Rufnummern von Familienmitgliedern und/oder Freunden notieren, ebenso wie die der Banken und Krankenkassen. Denn nach Möglichkeit gilt es, im Falle eines Diebstahls zur Schadensbegrenzung diese Stellen zuerst zu informieren. Welche Banken und Mobilfunkanbieter an den Sperrnummern +49 116 116 und +49 30 4050 4050 teilnehmen, ist auf der Website http://www.sperr-notruf.de/ einsehbar.
Der zweite Schritt ist eine Kontaktaufnahme mit der Polizei. Entweder direkt auf der nächsten Dienststelle. Oder zunächst telefonisch. Die internationale Notrufnummer innerhalb der EU ist in allen Netzen die 112. Sie funktioniert bei den Mobilfunkgeräten auch ohne SIM-Karte.
Wenn zudem Pass, Personalausweis oder/oder Flugticket weg sind, ist die dritte Anlaufstelle das
Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in 08008 Barcelona, in der Calle de la Marina, 16-18 (im Barcelona Torre Mapfre), Telefon lokal*: 2 92 1000
* gegebenenfalls sind noch die Vorwahlen nötig:
international von Spanien 0034 – national von Barcelona 93.
Sicherste Reisezeiten
Laut Polizeistatistik steigt die Diebstahlrate in Barcelona parallel zur Hauptsaison. Insofern erscheint es klug, den Städtetrip für einen anderen Zeitpunkt zu planen. Es ist ruhiger und ungefährlicher. Obendrein bieten sich viele preisliche Vorteile an. So sind oft schon bei den Flügen Schnäppchen drin. Wem dann noch ein Hotelzimmer, ein Appartement oder eine Pension fehlt, wird hier fündig.